Acqua alta
Überblick
Am 14. November 2019 hat die Regierung Italiens den Notstand über Venedig ausgerufen. In den frühen Morgenstunden des 13. November 2019 erreichte das Wasser eine Höhe von 187 Zentimeter, etwa 7 Zentimeter weniger als beim bisherigen Höchststand im Jahr 1966. In ganz Norditalien regnet es seit Tagen, allerdings ist Venedig am schwersten von dieser Situation betroffen. Das Wasser der Adria dringt bis in die entlegensten Viertel der Stadt vor und bedeckt zur Zeit eine Fläche von etwa 70 Prozent des historischen Zentrums. Selbst der Markusdom (Basilca di San Marco) steht unter Wasser, das bereits bis in die Krypta des Doms Zugang gefunden hat. Auch der Markusplatz steht vollständig unter Wasser und soll im Laufe des Freitags für Besucher gesperrt werden.
Hochwasser
So ab Ende September jeden Jahres werden in Venedig die Laufstege installiert, die es ermöglichen sollen, bei höheren Wasserständen bestimmte Bereiche in den Stadtvierteln trockenen Fußes zu überqueren. Hierfür gibt es sogar besondere Regeln, die verhindern sollen, dass es auf den Stegen zu Behinderungen kommt. Die Laufrichtung ist rechts und stehen bleiben ist verboten (was auch für Fotografen gilt!). Dies soll eine schnelle Fortbewegung über diese Hilfsmittel garantieren. Warum wird diese aufwendige Maßnahme durchgeführt? Jedes Jahr ab Ende Oktober/Anfang November bedroht Hochwasser die kulturrellen Stätten des UNESCO Weltkulturerbes. Die Stadt Venedig ist vollständig schutzlos diesen Katastrophen ausgeliefert.
Das als Jahrhundertprojekt hochgelobte und vielgepriesene MO.S.E.-Projekt ist immer noch nicht fertiggestellt und es soll sogar noch bis zum Jahr 2021 dauern, bis die Stadt Venedig durch dieses Wunder der Technik geschützt wird. Langsam schwindet das Vertrauen der Bewohner Venedigs auf eine endgültige Fertigstellung, zu oft sind sie enttäuscht worden von leeren Versprechungen der Politiker sowohl von der Stadtspitze Venedigs als auch der Region Venetien. Die Schäden durch das Hochwasser im Jahr 2019 werden jetzt schon auf etwa 100 Millionen Euro geschätzt, wahrscheinlich sogar ein Vielfaches darüber. Hochwasser zwischen Herbst und Winter gibt es eigentlich in jedem Jahr, dies zeigt das untenstehende Gemälde des Malers Vincenzo Chilone (1758 – 1839) deutlich, das einen überfluteten Markusplatz zeigt.
Mal sind die Wasserstände höher, mal sind sie niedriger. Auch der Markusplatz wird regelmäßig überflutet, zwar nicht komplett, aber an einigen Stellen sammelt sich regelmäßig Wasser, was von den Gezeiten und dem Stand des Mondes abhängig ist. Schließlich ist die Piazza San Marco der tiefste Punkt in Venedig. Das Ausmaß der Schäden des jährlichen Hochwassers läßt sich erst im darauffolgenden Frühjahr erkennen, wenn die Wasserstände wieder auf einem niedrigen Niveau sind. Dann werden die Mauern der Gebäude untersucht, die mit dem Meerwasser aus der Adria in längerem Kontakt gestanden hatten. Das Salz des Meeres frißt sich in die Steine oberhalb der Fundamente und hinterläßt Spuren. Diese kontinuierlichen Beschädigungen setzten fast allen Gebäuden in der Lagunenstadt zu- nicht nur von außen, sondern auch im Inneren der Gebäude.
Gemälde von Vincenzo Chilone (1758 – 1839), italienischer Maler, Blick auf die überflutete Piazza San Marco in Venedig - eingebunden über Wikimedia Commons
Aqua alter
Was bedeutet Aqua alta?
Acqua alta (ital.: hohes Wasser) bezeichnet in Venetien den außergewöhnlichen Tidenhub, der in regelmäßigen Abständen an der nördlichen Adria auftritt. Die Höchststände des Tidenhubs erreichen ihr Maximum in der Lagune von Venedig, wo sie eine teilweise Überschwemmung von Venedig, Pellestrina und Chioggia verursachen. Überschwemmungen treten auch anderswo an der nördlichen Adria auf, beispielsweise im nördlich gelegenen Grado und Triest, jedoch viel seltener und in geringerem Maße. Dieses Phänomen tritt hauptsächlich zwischen Herbst und Frühling auf, wenn die astronomischen Gezeiten durch die vorherrschenden saisonalen Winde verstärkt werden, die den üblichen Rückfluss behindern.
Die Hauptwinde sind der Scirocco, der in nördlicher Richtung entlang der Adria weht, und die Bora, die aufgrund der Form und Lage der venezianischen Lagune eine spezifische lokale Wirkung hat. Bei normaler Flut steigt der Wasserspiegel bis zu 90 cm über den Normalstand; wenn er höher steigt, ist „Acqua alta“. Bei 100 cm über Normal beträgt der tatsächliche Wasserstand an dem tiefstgelegenen Punkt der Stadt (Markusplatz) etwa 20 cm. Der Rekordwasserstand von 194 cm setzte am 4. November 1966 fast ganz Venedig unter Wasser. Man sieht an manchen historischen Gebäuden Markierungen dieser Wasserstände mit Angabe der Wasserhöhe und des betreffenden Jahres.
Wasserstände
- 100 cm: Nur geringe Teile der Stadt sind überschwemmt;
- 110 cm: Alarm wird ausgerufen, etwa 10 % der Stadt stehen unter Wasser;
- 125 cm: Etwa die halbe Stadt ist vom Hochwasser betroffen;
- 140 cm: Notstand wird ausgerufen, 90 % der Stadt sind überschwemmt;
Seit Dezember 2007 ist das Sirenensystem, das vor Hochwasser gewarnt hat, durch ein differenziertes Signalsystem ersetzt worden. Hierbei ist je nach zu erwartender Wasserstandshöhe mehrfach ein Sirenenton von den insgesamt acht Sirenen im Stadtgebiet zu hören. Bei einer Höhe von 110 cm über dem Normalstand hört man einen einfachen Ton, bei 120 zusätzlich mit einem höheren, bei 130 mit zwei jeweils höheren und bei 140 cm mit drei jeweils höheren Tönen. Im Stadtgebiet informieren Hinweisschilder Touristen über mögliche Warnhinweise und Verhaltensmaßnahmen. Als Hochwasserschutzmaßnahme wird das MO.S.E-Projekt mit einer projektierten Fertigstellung im Jahr 2021 realisiert. Die aktuelle Acqua-alta-Vorhersage für die nächsten Tage kann man auf der Webseite der Institution „Centro Previsioni e Segnalazioni Maree“ einsehen. [1]
Hochwasser November 2019
Wegen des schlechten Wetters sind in ganz Norditalien viele Feuerwehrmänner und der Zivilschutz (ital.: Protezione Civile) im ständigen Einsatz. Die schlimmste Situation ist jedoch in Venedig zu verzeichnen, wo seit der Nacht auf den 15.11.2019 viele dieser Kräfte bei der Arbeit sind, die durch die Rekordflut - Wasserstand 187 Zentimeter - in außergewöhnlichem Ausmaß entstanden sind. Im Centro Storico in Venedig sind die kritischsten Situationen zu verzeichnen, aber auch die langezogene und stellenweise sehr schmale Insel Pellestrina wurde vollständig von den Wassermassen überrollt. Die Bilder vom Fernsehen zeigen Touristen beim überqueren des Markusplatzes auf Laufstegen, teilweise aber auch bis zu den Oberschenkeln im Wasser. Hoteleingänge sind überflutet und somit auch die gesamte Infrastruktur steht momentan vor aktuell unlösbaren Aufgaben. Für Sonntag, den 17.11.2019 werden um 12.30 Uhr Wasserstände von 155/160 cm erwartet.
Auch der Hubschrauber der Feuerwehr (Vigili del fuoco) kam bereits zum Einsatz. Mit diesem werden Möglichkeiten gesucht, um die am besten geeigneten Stellen für die Aufstellung der Hochleistungssaugpumpen zu ermitteln. Die Feuerwehr und der Zivilschutz arbeiten auch mit einem Team von Tauchern zusammen, die die Befahrbarkeit von Kanälen überprüfen, nachdem verschiedene Schiffe, nachdem sie die Anlegestellen zerstört hatten, gesunken sind. Der Leiter der Nationalen Organisation Fabio Dattilo ist in Venedig eingetroffen. Der Innenminister Achille Variati steht bereits im Kontakt mit dem Bürgermeister Luigi Brugnaro und dem Gouverneur der Region Venetien Luca Zaia. [2]
MO.S.E.-Projekt
Das MO.S.E.-Projekt (modulo sperimentale elettromeccanico) ist ein derzeit in Bau befindliches Sturmflutsperrwerk aus beweglichen Fluttoren. Es wird an den drei Öffnungen (ital. bocche) der Lagune von Venedig installiert und soll das historische Zentrum Venedigs ab seiner geplanten Fertigstellung 2021 vor Hochwasser (ital.: Acqua Alta) schützen. Ähnliche Sperrwerke wurden bereits in London (Thames Barrier) und Rotterdam (Maeslant-Sperrwerk) in Betrieb genommen....
Weitere Informationen zum MO.S.E.-Projekt in Venedig finden Sie hier....!
Quellenangabe:
1.: Die Informationen zum Aqua alta in Venedig basieren auf dem Artikel Aqua alta (Stand vom 15.11.2019) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
2.: Communiqué der Comune di Venezia und anderer staatlicher Stellen!
Die Fotos "Hochwasser in Venedig im November 2019 - Autor: Ministero dell'interno" - "Acqua alta am 15. November 2019 - Autor: Comune di Venezia" - "Überflutung auf der Piazzetta San Marco - Autor: Laima Gutmane" sind unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.