Fondaco dei Tedeschi
Überblick
Wer in der Nähe der Rialtobrücke im Sestiere von San Marco aufmerksam durch die Gassen ging, stand irgendwann vor dem Gebäude der venezianischen Hauptpost. Heute ist in diesem historischen Gebäude ein Luxuskaufhaus untergebracht. Es gehört heute zur Gruppe LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton SE, eine Gesellschaft, die die Rechte an über 70 verschiedenen Marken im Luxusbereich hält. Das Gebäude - Fondaco dei Tedeschi - stammt aus den frühen Jahren des 16. Jahrhunderts und wurde teilweise als Lager und Unterkunft für die Mitarbeiter der deutschen Handelsgesellschaften benutzt. Von außen sieht das Gebäude sehr unscheinbar aus und es ist möglich, dass Sie daran vorbeilaufen. Von innen allerdings ist es ein Juwel - trotz Restaurierung und Umwandlung in ein Kaufhaus.
Sitz deutscher Kaufleute
Wie in vielen Ländern und Städten waren auch deutsche Kaufleute in Venedig vertreten. Das Fondaco dei Tedeschi war einst der Sitz einer Gemeinschaft deutscher Kaufleute. Der Name "Fondaco" wird vom arabischen Wort "Funduk" abgeleitet und bedeutet soviel wie Warenlager. In der Medina der tunesischen Stadt Houmt Souk auf der Insel Djerba existieren noch einige "Fondouk", wie sie dort genannt werden. Im Bereich der Gemeinde San Bartolomeo der Lagunenstadt Venedig gab es schon früh deutsche Kaufleute und arbeitssuchende Handwerker. Ein Schriftstück im venezianischen Archiv nennt im Dezember 1213 beispielsweise einen Goldschmied „Bernardus Teotonicus“. Anhand des Verkaufsvertrags an den venezianischen Rat für den Grundboden datieren einige Historiker die Anfänge des Fondaco auf das Jahr 1222.
Andere gehen eher von 1225, die meisten jedoch vom Jahr 1228 aus: Am 5. Dezember 1228 wurde das Gebäude zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Die Bezeichnung „Fondaco dei Tedeschi“ wurde allerdings erstmals 1268 verwendet. Eine Einrichtung mit ähnlicher Funktion gab es in Venedig aber wahrscheinlich schon vor 1200, wenn auch nicht in einem einzigen Gebäude vereint. Nach einem Brand in der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 1505 bezahlte Venedig den Wiederaufbau (1508) nach einem Entwurf von Frà Giovanni Giocondo unter der Bauleitung von Antonio Abbondi und ließ die Fassade von Tizian und Giorgione mit Fresken bemalen, die heute nicht mehr zu sehen sind. Die deutschen Kaufleute zu Venedig im „Fondaco dei Tedeschi“ bestellten von Albrecht Dürer (1471 - 1528) für die Bartholomäuskirche ein großes Bild, das sogenannte Rosenkranzfest.
Umschlagplatz
Der Sitz deutscher Kaufleute wurde schon um 1228 erwähnt. Waren wurden über den Canal Grande bis zu den offenen Arkaden im Erdgeschoss transportiert und dort aus- bzw. eingeladen. Das Fondaco dei Tedeschi war der Umschlagplatz für Waren aller Art aus dem Orient und dem levantinischen Raum. Sie wurden hier für den Transport über die Alpen gesammelt, gelagert und für den Abtransport vorbereitet. Die Bewohner standen unter venezianischer Aufsicht. Wie viele andere Ideen hatten die Venezianer auch das Konzept eines Handelshauses und sogar die Benennung aus dem Orient übernommen, in dem sie sich gut auskannten und wo sie selbst gezwungen wurden, in „Fondachi“ zu leben und Handel zu treiben. Hauptzweck der Konzentration war die Erhebung einer Zollgebühr, der tassa doganale.
Im Fondaco dei Tedeschi mussten die fremden Kaufleute aus Nord- und Mitteleuropa leben und ihr Kontor einrichten, also das eigene Warenlager. Nach ihrer Ankunft in der Lagunenstadt war es den Barkenführern strengstens verboten, die Kaufleute an einen anderen Ort zu fahren. Auch war den Bewohnern Venedigs untersagt worden, Kaufleute bei sich aufzunehmen; allerdings hielten diese sich nicht strikt an diese Vorgabe. Andere Besucher, die keine Kaufleute waren, waren frei, sich in der Stadt eine Unterkunft auszusuchen. Unter dem Begriff „Deutsche“ fasste man bis ins 17. bzw. 19. Jahrhundert auch Ungarn, Österreicher und Flamen. Die alleinige Nutzung des Fondaco wurde ihnen zugesprochen. Für die Mahlzeiten gab es im Fondaco zwei Tafeln, die z. T. auch die Rangfolge widerspiegelten. [1]
Aus Venedig importierten die Kaufleute vor allem Gewürze: Safran, Pfeffer, Ingwer, Muskat, Nelken, Zimt und Zucker. Die Nürnberger Börse diente als Bindeglied im Handel zwischen Italien und anderen europäischen Wirtschaftszentren. Auch Lebensmittel, die im Mittelmeerraum bekannt und beliebt waren, wie z. B. Olivenöl, Mandeln, Feigen, Zitronen und Orangen, Konfitüren und Weine wie Malvasier und Chierchel, fanden den Weg von der Adria nach Nürnberg. Hinzu kamen weitere wertvolle Produkte wie Korallen, Perlen, Edelsteine, Erzeugnisse der Glasfabrikation aus Murano und der Textilindustrie, wie z. B. Seidenstoffe, Baumwoll- und Damasttücher, Samt, Brokat, Goldfäden, Kamelotte und Boccasin. Papier und Bücher rundeten das Sortiment auf geistiger Seite ab. [1]
Handelsgesellschaften
In den höher gelegenen Stockwerken waren die Speisesäle und die zahlreichen Unterkünfte der Handelsgesellschaften. An der Außenfassade befanden sich einst wertvolle Fresken der Künstler Tizian und Giorgione, die heute allerdings nur noch in Fragmenten erhalten sind- zu sehen in der Galleria Franchetti in der Casa d'Oro. Das historische Gebäude beherbergte bis vor ein paar Jahren eine Niederlassung des italienischen Post- und Telekommunikationsministeriums- heute ist es der Sitz eines Luxuskaufhauses.
Ex-Chiesa San Bartolomeo
Die deutschen Kaufleute lebten ihren christlichen Glauben in Venedig innerhalb der Pfarrei San Bartolomeo. Die Kirche im Sestiere San Marco war gut zu erreichen, da sie nur wenige Minuten vom Fondaco dei Tedeschi entfernt lag. Sie befindet sich am Campo San Bartolomeo und es ist heute schwierig, sie von den anderen Gebäuden an diesem Platz zu unterscheiden. Der Campanile der Kirche aus dem 18. Jahrhundert ist allerdings von weitem sichtbar....
Weitere Informationen zur Ex-Chiesa San Bartolomeo in Venedig finden Sie hier....!
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Quellenverzeichnis:
1.: Die Informationen zum Fondaco dei Tedeschi basieren auf dem gleichnamigen Artikel aus der Wikipedia, zuletzt abgerufen am 29.10.2019!