Ex-Chiesa Santa Maria dei Servi
Überblick
Die Kirche Santa Maria dei Servi in Venedig befindet sich im Sestiere Cannaregio am Rio de Servi. Das katholische Gotteshaus ist über die Fondamenta Daniele Canal zu erreichen und liegt unweit des Campo Santa Fosca. Mitglieder des Ordens der Serviten gründeten bereits 1318 hier an dieser Stelle ein Kloster; die Kirche wurde im Jahr 1330 errichtet, allerdings ist es umstritten, zu welchem Zeitpunkt diese Kirche fertiggestellt war bzw. wann sie eingeweiht wurde. Die Serviten – eigentlich Ordo Servorum Mariae (Ordenskürzel: OSM) – sind ein katholischer Orden. Nach einer Zerstörung der Kirche (Brand?) im frühen 16. Jahrhundert wurden Kirche und Klosterkomplex wieder aufgebaut. Im Zuge der Säkularisation wurde die Kirche im Jahr 1815 teilweise abgerissen.
Das Kircheninnere wurde u.a. von dem aus Triest stammenden und in Padua arbeitenden Bildhauer Andrea Briosco (1470 - 1532), genannt Il Riccio, mit Bronzereliefs ausgestattet. Themen dieser Reliefs waren Geschichten über die Entdeckung des Kreuzes, was den venetianischen Humanisten Girolamo Donà veranlaßte, beim Papst um einige Reliquien des Heiligen Kreuzes für diese Kirche zu bitten. Der einzige vollständig erhaltene Teil der ehemaligen Kirche Santa Maria dei Servi ist die Kapelle des Heiligen Antlitzes von Lucca, auch als Capella del Volto Santo (dei Lucchesi) bekannt. Die in ihrem Inneren noch mit Bildern der Väter der Kirche und den Symbolen der vier Evangelisten ausgeschmückte ursprüngliche Decke der Kapelle ist vermutlich das Werk des venezianischen Künstlers Nicolò Semitecolo (1353 - 1382), einem Maler der Frührenaissance.
Im Jahr 1757 wurde für die Kirche eine Orgel in Auftrag gegeben, die von Don Antonio Barbini aus Murano gebaut werden sollte, der sich schon durch seine berühmten „Fabricator d'organi“ einen Namen gemacht hatte. Leider wurde die fertiggestellte Orgel nie in dieser Kirche eingebaut, da man wegen der bevorstehenden Ankunft der napoleonischen Truppen fürchtete, dieses Instrument alsbald wieder zu verlieren. Die Orgel, zwölf Fuß hoch, war noch in einwandfreiem Zustand, als der Erzpriester Lodovico da Camin der Kirche San Michele Arcangelo aus Caselle d'Altivole sie im Jahr 1812 kaufte. Um die alte Kirche ranken sich zahlreiche Geschichten, u.a. sollen die Templer, nach der Aufhebung des Ordens durch Papst Clemens V. (1250/65 - 1314) am 22. März 1312 auf dem Konzil von Vienne, hier einen Teil ihrer Schätze versteckt haben [1].
Kirche und Kloster Santa Maria dei Servi
Über die Fondamenta Daniele Canal im Sestiere Cannaregio, unweit der Chiesa Santa Fosca, gelangen Sie zum ehemaligen Klosterbereich der Serviten in Venedig. Der Rio di San Marcuola im Westen, der Rio della Misericordia im Norden, der Rio dei Servi im Süden und der Rio del Orimani im Osten begrenzen in etwa heute die Insel, auf der die Serviten einst ihr Kloster errichteten. Sie stehen hier vor den Ruinen der größten gotischen Kirche Venedigs: die Basilika Santa Maria dei Servi und dem dazu gehörenden Kloster. Hier finden Sie zahlreiche Spuren dieser alten Gebäude, beginnend bei dem Eingangsportal, das heute in einen Garten führt, der einst der Kirchhof war. Die Kirche und das Kloster waren Gebäude von religiöser, politischer und kultureller Bedeutung: Hier fand einst Galileo Galilei („noch bewegt er sich“) Unterschlupf, und hier lebte der Mönch Paolo Sarpi, ein äußerst wichtiger Charakter, der das Leben in Venedig zu seiner Zeit mit seinen religiösen und politischen Ansichten geprägt hat.
Er war eine der Hauptfiguren, die 1606/07 während des Kirchenbanns über den Senat und das Interdikt über die gesamte Republik Venedig die Freiheit der weltlichen Regierungen gegen die päpstliche Gewalt so entschieden und mutig verteidigte, dass er vom Papst Paul V. (1552 - 1621) in den Bann gesetzt wurde. Paolo Sarpi OSM, geboren als Pietro Sarpi (* 14. August 1552 in Venedig; † 15. Januar 1623 ebenda) war ein italienischer Ordensmann und Historiker. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er hier im Kloster der Serviten in Venedig. Der monumentale Komplex des Klosters der Serviten (Diener Mariens) befindet sich auf einer Insel mit enormen Ausmaßen, die sich deutlich in die städtische Struktur einfügt.
Das Gelände des Servitenklosters war fast elftausend Quadratmeter groß und umfasste neben der großen Kirche die Cappella dei Lucchesi, die Scuola dell'Annunziata, die Tintori-Scuola, die Barbieri-Scuola, drei Schlafsäle, das Refektorium sowie Kreuzgänge, Obstgärten und Höfe im Inneren der Gemäuer. Neben Paolo Sarpi, einem Theologen der Serenissima, lebten Priester, Geistliche und Novizen zwischen den Mauern des großen Komplexes. Die Aktivitäten der Serviten wurden von der Republik Venedig, da sie wichtige religiöse und kulturelle Beiträge für die Stadt leisteten, immer sehr geschätzt. Die an Kunstwerken, Altären, Schreinen, Mausoleen usw. reiche Anlage wurde im Jahr 1769 von einem starken Brand verwüstet. Die napoleonischen Erlasse von 1806 und 1810, die Beschlagnahmung durch den Staat und der Verkauf der Kirchengebäude führte zur systematischen Enteignung des künstlerischen und historischen Erbes des Klosters der Serviten in Venedig.
In wenigen Jahren wurde damals der ehemals blühende Ort praktisch zerstört. Noch über zwei Jahrhunderte später bis in unsere Zeit sind die Gründe für diesen Niedergang und die Aufgabe des Gebäudekomplexes nicht zu verstehen. Im Jahr 1864 gründeten Daniele Canal und Anna Maria Marovich auf dem Gelände der ehemaligen Klosteranlage eine Einrichtung zum Schutz der aus dem Gefängnis entlassenen Frauen (Patronato delle dimesse dal carcere), die mit neuen Gebäuden auf dem ehemaligen Klostergelände versehen wurde und später zum Haus der Heiligen Familie (Casa della Sacra Famiglia) wurde. Derzeit besteht der Komplex mit den Gebäuden aus dem späten 19. und 20. Jahrhundert, die teilweise auf dem Gelände des vorherigen Klosterkomplexes errichtet wurden, aus dem Haus für Studenten S. Fosca und aus den Ruinen der Basilika Santa Maria dei Servi mit ihren gotischen Portalen, die von hohem historischem und architektonischem Wert sind. Weiterhin gehört auch die vollständig erhaltene Cappella dei Lucchesi zum einstigen Klosterkomplex.
Johann Christoph Maier notiert in seinem Werk "Beschreibung von Venedig - Mit Landkarten und Kupfern - Band 1" von 1787:
„S. Maria dei Servi.
Diese von Serviten bediente Kirche ward 1316 von Giov. Avanzo errichtet, und zu gleicher Zeit diese Mönche darein aufgenommen. Sie ist eine der größten Kirchen in der Stadt, und hat 23 Altäre, die fast durchgehends mit guten Gemälden und schöner Bildhauerarbeit gezieret sind. Von Rocco Marconi findet sich hier ein grosses und sehr schönes Gemälde mit dem todten Christus unter den Marien, das vollkommen den guten Karakter seines Pinsels und seine Fähigkeit auch in grossen Werken bezeichnet. Ein sehr schönes und von Vasari besonders gerühmtes Werk von Bonifacio stehet am sechsten Altar zur Linken, und enthält Christum unter den Aposteln."
Von eben demselben stehet in der Sacristei ein Gemälde mit dem Nachtmahl des Herrn. Polidoro, ein Schüler Tizians, mahlte ein Altarblatt mit der Madonna, Johannes dem Evangelisten, der heiligen Catharina nebst der Abbildung eines Servitenmönchs mit einem Brevier in der Hand, worauf Peccavi geschrieben ist. Es ist eines feiner besten Werke. Ein Gemälde von Domenico Tintoretto unter dem Chor stellet die Madonna von Loreto, St. Laurentius, St. Hieronymus, und St. Rochus vor. Das Altarblatt des ersten Altars zur Linken mit den heiligen Onofrius, Jacobus und Tizian, ist von Lionardo Corona, worin er sehr glüklich der Spur des Tintoretto folgt. Ein sehr schönes Gemälde von Baldisserea d'Anna enthält die Geburt Christi. Auf einem Altarblatt mahlte der Cav.Liberi Christum als Kind, vor welchem der heilige Antonius von Padua stehet.“ [2]
Weitere Kirchen in Venedig:
- Kirche Christo Re (Insel Sant'Erasmo)
- Ex-Chiesa und Konvent Santa Teresa (Dorsoduro)
- Ex-Chiesa Santa Lucia (Cannaregio)
- Ex-Chiesa San Basilio (Dorsoduro)
- Ex-Chiesa di Santa Maria della Carità (Dorsoduro)
- Oratorio dei Crucifero (Cannaregio)
- Chiesa di San Bonaventura (Cannaregio)
- Ex-Chiesa di San Leonardo (Cannaregio)
- Kirche Santa Caterina (Insel Mazzorbo)
- Kirche Santa Maria Valverde (Insel Mazzorbo)
- Chiesa di San Zan Degolà (Santa Croce)
- Ex-Kloster Santa Chiara (Santa Croce)
- Chiesa San Giovanni Evangelista (San Polo)
- Chiesa dei Catecumeni (Dorsoduro)
- Chiesa Santa Maria dei Derelitti (Castello)
- Ex-Konvent Santo Sepolcro (Castello)
- Ex-Chiesa San Paterniano (San Marco)
- Ex-Chiesa di San Teodoro (San Marco)
- Ex-Chiesa Sant' Angelo degli Zoppi (San Marco)
- Kapelle Oratorio dell'Annunciata (San Marco)
- Ex-Chiesa di San Geminiano (San Marco)
- Ex-Chiesa San Basso (San Marco)
- Ex-Chiesa San Antonio di Castello (Castello)
- Chiesa Christo Re (Castello)
- Ex-Chiesa Santa Maria del Pianto (Castello)
- Kirchen auf der Insel Lido di Venezia
- Kirchen auf der Insel Pellestrina
Quellenangabe:
1.: Die Informationen zur Geschichte der Chiesa Santa Maria dei Servi in Venedig im Sestiere Cannaregio basieren auf dem Artikel "Chiesa Santa Maria dei Servi (Venezia) - (Stand vom 19.10.2016) und stammen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
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2.: Die Beschreibung der Kirche Santa Maria dei Servi in Venedig im Sestiere Cannaregio basiert auf den Erzählungen von Johann Christoph Maier - "Beschreibung von Venedig - Mit Landkarten und Kupfern Erster Theil - erschienen im Verlag Christian Gottlieb Hertel, Frankfurt und Leipzig, 1787, jetzt im Besitz der Bayrischen Staatsbibliothek, Fundstelle Google Books, abgerufen zuletzt am 08. Oktober 2019.