Chiesa di San Canciano
Überblick
Die Chiesa di San Canciano, auch San Canzian genannt, ist eine katholische Kirche im Sestiere Cannaregio in Venedig. Sie liegt am Campiello San Canciano und nordwestlich der Chiesa Santa Maria dei Miracoli. Die Geschichte der Kirche reicht zwar bis zum Jahr 1351 zurück, jedoch ist der heute sichtbare Kirchenbau im Wesentlichen in der Barockzeit entstanden. Die Pfarrei San Canciano umfasst den östlichsten Teil von Cannaregio und die Insel San Michele. Die Kirche San Canciano ist eine kleine Kirche in der Umgebung von Cannaregio an der Strada Nova. Eine erste Kirche an dieser Stelle wurde angeblich im Jahre 864 gegründet, als Bürger aus der Festlandstadt Aquileia zu den Laguneninseln von Venedig flohen, um den barbarischen Horden (gemeint sind die Hunnen) zu entkommen. Die Gründung zu diesem Zeitpunkt ist allerdings bis heute umstritten, da die Flucht der Bürger von Aquileia bereits 400 Jahre früher einsetzte. Diese Kirche unterstand der Gerichtsbarkeit des Patriarchen von Grado, der in Venedig lebte.
Chiesa di San Canciano
Der legendären Überlieferung Venedigs zufolge wurde die Kirche durch Flüchtlinge aus Aquileia errichtet, die auf der Flucht vor den Hunnen Attilas waren. Der erste Hinweis auf einen dortigen Kirchenbau stammt jedoch erst aus der Zeit um 1040. Geweiht ist die Kirche den Märtyrern Cantius, Cantianus und Cantianilla, die der Legende nach im Jahr 304 nahe dem heutigen San Canzian d’Isonzo ums Leben kamen, und deren Kult sich spätestens um 400 verbreitete. 1105 fiel die ältere Kirche einem Brand zum Opfer. Die Kirche in ihrer heutigen Gestalt wurde ab etwa 1330 neu errichtet und 1351 von Bischof von Jesolo, Marco Bianco, geweiht. Ein Umbau erfolgte im 15. Jahrhundert, wobei 1498 der Patrizier Nicolò Morosini den Campanile wiederherstellen ließ. Möglicherweise erfolgte ein weiterer Umbau im 16. Jahrhundert.
Ein weiterer Umbau erfolgte dann wieder Anfang des 18. Jahrhunderts. Letztere, radikale Maßnahme wurde erst durch eine Spende in Höhe von 2000 Dukaten möglich, die der Priester Michele Tommasi beisteuerte, dem die Büste oberhalb der Eingangspforte gewidmet ist. Baumeister der Fassade war ab 1707 Antonio Gaspari (1656 - 1723). Der heutige Campanile wurde 1542 erbaut. Die drei ältesten Glocken wurden von den De Poli um 1850 gegossen, die vierte stammt aus dem Jahr 1897. Das Gebiet um die Kirche hatte bis zum Bau der Strada Nova eine erhebliche, auch wirtschaftliche Bedeutung, denn hier war der wichtigste Anlegeplatz für die Boote aus der nördlichen Lagune, etwa von Murano, doch mit dem Bau der besagten Straße geriet sie ins Abseits. Hinter der Kirche befindet sich immer noch ein Sottoportego del Traghetto, wobei die traghetti die Boote waren und sind, die einen regelmäßigen Fährdienst versahen, in diesem Falle nach Murano. [1]
Architektur
Die Kirche San Canciano ist nach einem Grundmuster gebaut worden, nach dessen Prinzip viele andere venezianischen Kirchen auch errichtet worden sind. Oft unterscheiden sich die kirchlichen Bauwerke nur von der Gestaltung der Fassade, die meistens auf einen Campo ausgerichtet ist. In diesem Fall ist es nur ein kleiner Campiello- mehr Platz war hier nicht vorhanden. Aus diesem Grund kann die Fassade auch nicht ihre volle Schönheit entfalten. Seit dem Frühmittelalter ist die innere Aufteilung beibehaltenen worden. San Canciano ist dreischiffig, die Decke wird von Bögen und korinthischen Säulen getragen, von denen zwei aus antikem, afrikanischem Granit bestehen. Die Orgel stammt aus dem 18. Jahrhundert. Dort finden sich Darstellungen der Heiligen San Canziano e San Massimo von Giovanni Contarini, einem Schüler Tizians.
Kunstwerke
Im Chor der Kirche stehen die beiden Altarpaare und in den Nischen rechts und links vom Altar zwei Seitenkapellen. Die rechte Kapelle wurde von der Familie Widmann reich mit Marmor und Stuck ausgestattet. Sie ist dem hl. Maximin geweiht. Die linke Kapelle gehörte der Familie Rinaldi und war dem hl. Filippo Neri geweiht. Beide Kapellen wurden von Baldassare Longhena entworfen und von Clemente Moli hochbarock ausgeführt. Bartolomeo Litterini (1669 - 1731) schuf zwei Pale, wie man in Italien Altarretabeln nennt, Domenico Zanchi die beiden Gemälde an den Seiten des Presbyteriums, nämlich Piscina Probatica und Moltiplicazione dei pani e dei pesci („die Vermehrung des Brotes und der Fische“). Der Madonna Immacolata ist ein Gemälde des Bartolomeo Letterini gewidmet; eine Assunta schuf Giuseppe Angeli; dann eine Madonna del Carmine, wieder von Letterini, von dem auch die Madonna Addolorata con il Sacro Cuore di Gesù stammt. Die beiden Kanzeln mit Baldachin sind ein Alterswerk von Bernardino Maccaruzzi (1728 – 1800). Eine weitere Pala stammt von Paolo Zoppo (Santi Canziano e Massimo con il Padre Eterno in Gloria). [1]
In der Sakristei von San Canzian befinden sich mehrere Gemälde, darunter das von San Romualdo (18. Jahrhundert), das Jacopo Marieschi zugeschrieben wird, ebenso wie die Madonna con Bambino und die Heiligen Canciano e Massimo, die Andrea Celesti zugeschrieben werden und 1680 geschaffen wurden. Die Via Crucis ist hingegen ein Werk aus dem Jahr 1960 des venezianischen Malers Ernani Costantini. Das kleine Wasserbecken vom Ende des 16. Jahrhunderts trägt Basreliefs des 17. Jahrhunderts; um 1660 entstanden die Rundbögen mit dem Gesicht der Muttergottes und dem Christi. Im Liber Mortuorum, dem Totenbuch der Gemeinde, findet sich ein Eintrag zum Tod Tizians, der in der Nähe gewohnt hatte: „27 agosto 1576, Messer Tiziano pitor è morto de ani centi-tre amalato de febre licenziato“. [1]
Johann Christoph Maier notiert in seinem Werk "Beschreibung von Venedig - Mit Landkarten und Kupfern - Band 3" von 1787:
„S. Canziano, Parrochie.
Die erste Gründung dieser Kirche wird der Familie Zena zugeschrieben, sie ward aber in der Folge erneuert und verschönert. Ehedem stand sie, wie noch etliche andere Kirchen, unter der unmittelbaren Gerichtsbarkeit des Patriarchen von Grado. Sie hat sieben Altäre. Die Capelle der Familie Widmann zur Linken der Hauptcapelle ist von auserlesenem Marmor mit Säulen von africanischem Marmor. Statt des Altarblatts stehen hier zwei marmorne Engel, die einen Sarg von Marmor und vergoldetem Kupfer stüzzen, worin der Leichnam des St. Maximus, Bischoffs von Reggio, ruhen soll. Ueber dem Sarge stehet seine Bildsäule und zwei andere Engel, deren einer den Schweif seines Mantels, und der andere den Bischoffsstab hält. Ausser diesen zieren noch fünf andere Bildsäulen von Marmor, nemlich der Madonna, des St. Johannes, St. Paul und zweier Engel, diese Capelle. Der Bogen ist ganz in Stukkatur gearbeitet und vergoldet, mit Laubwerk, kleinen Figuren in Basrelief und andern Verzierungen, und in den Winkeln stehen die vier Kirchenlehrer, die die Tribüne zu tragen scheinen. Das ganze Werk verfertigte der Bildhauer Clemente Moli von Bologna 1634“.
„Die andere Seitencapelle errichtete Sebastian Rinaldi, der 1650 als Oberpfarrer bei der Kirche starb, und widmete sie dem St. Filippo Neri. Das Altarblatt dieses Altars mit der Madonna in der Höhe nebst einigen Engeln ist von Niccolo Renieri. Joseph Heinz von Bern hat in dieser Capelle vier Geschichten des Tutelarheiligen gemahlt. Die Himmelfahrt der Madonna am ersten Altar zur Linken ist von Joseph Angeli. Drei Gemälde von *Letterini enthalten das 1) das Herz Jesu, die Empfängniss und 3) die Madonna, den heiligen Nepomuk und andere. Gio. Segala mahlte die Kuppel der Hauptcapelle. Hier ist das Denkmal des berühmten Mahlers Tiberio Tinelli, dem Ludwig XIII König von Frankreich, den Orden des heiligen Michael schenkte“. [2]
*Anmerkung: Er meint Bartolomeo Letterini (oder Litterini - 1669 - 1731). Dieser war ein italienischer Maler der Barockzeit. Er wurde in Venedig geboren und erhielt seine Ausbildung durch seinen Vater, Agostino Letterini. U.a. malte er Werke von Titian nach. Das größte Gemälde von Letterini befindet sich in San Stae, Venedig.
Weitere Kirchen in Venedig:
- Kirche Christo Re (Insel Sant'Erasmo)
- Ex-Chiesa und Konvent Santa Teresa (Dorsoduro)
- Ex-Chiesa Santa Lucia (Cannaregio)
- Ex-Chiesa San Basilio (Dorsoduro)
- Ex-Chiesa di Santa Maria della Carità (Dorsoduro)
- Oratorio dei Crucifero (Cannaregio)
- Chiesa di San Bonaventura (Cannaregio)
- Ex-Chiesa di San Leonardo (Cannaregio)
- Kirche Santa Caterina (Insel Mazzorbo)
- Kirche Santa Maria Valverde (Insel Mazzorbo)
- Chiesa di San Zan Degolà (Santa Croce)
- Ex-Kloster Santa Chiara (Santa Croce)
- Chiesa San Giovanni Evangelista (San Polo)
- Chiesa dei Catecumeni (Dorsoduro)
- Chiesa Santa Maria dei Derelitti (Castello)
- Ex-Konvent Santo Sepolcro (Castello)
- Ex-Chiesa San Paterniano (San Marco)
- Ex-Chiesa di San Teodoro (San Marco)
- Ex-Chiesa Sant' Angelo degli Zoppi (San Marco)
- Kapelle Oratorio dell'Annunciata (San Marco)
- Ex-Chiesa di San Geminiano (San Marco)
- Ex-Chiesa San Basso (San Marco)
- Ex-Chiesa San Antonio di Castello (Castello)
- Chiesa Christo Re (Castello)
- Ex-Chiesa Santa Maria del Pianto (Castello)
- Kirchen auf der Insel Lido di Venezia
- Kirchen auf der Insel Pellestrina
Quellennachweis:
1.: Die Informationen zur Geschichte der Chiesa di San Canciano (San Canzian) in Venedig im Sestiere Cannaregio basieren auf dem Artikel Chiesa di San Canciano (Stand vom 16.02.2017) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. Das Foto "Interior of San Canciano, Venice - Autor: Necrothesp" unterliegt den Bestimmungen der Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0 Unported, deren Bedingungen hiermit weitergegeben werden.
2.: Die Beschreibung der Kirche San Canciano in Venedig im Sestiere Cannaregio basiert auf den Erzählungen von Johann Christoph Maier - "Beschreibung von Venedig - Mit Landkarten und Kupfern Erster Theil - erschienen im Verlag Christian Gottlieb Hertel, Frankfurt und Leipzig, 1787, jetzt im Besitz der Bayrischen Staatsbibliothek, Fundstelle Google Books, abgerufen zuletzt am 08. April 2017.
3.: Die Fotos "Innenraum Richtung Orgel, 2012; Taufbecken; 2 Fotos - Autor: Didier Descouens" unterliegen den Bedingungen der Creativ Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0) und werden hier ohne Veränderung veröffentlicht. Die Fotos dürfen unter der gleichen Lizenz weitergegeben werden.